Blogeintrag

Der Energiekomplex wieder losgelöst vom Ölmarkt

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IEA, OPEC und die US Energy Information Administration (EIA) waren sich allesamt einig darüber, dass sich der globale Ölmarkt hinsichtlich Angebot und Nachfrage in den nächsten Monaten wieder stärker ausbalancieren dürfte. Die Agenturen erwarten eine robuste Ölnachfrage bei gleichzeitig rückläufigem Angebot in den nicht-OPEC Staaten. Es war zudem mehrfach zu lesen, dass die OPEC diesmal wohl dazu in der Lage sei, konzertierte Maßnahmen zu ergreifen, um die Ölpreise langfristig zu stabilisieren. Brent ist seit dem Tief bei 41,50 $/bbl Anfang August mittlerweile wieder über 21% gestiegen und notiert aktuell oberhalb der 50 $/bbl Marke. Dieser Aufwärtstrend ist weiterhin intakt (siehe Chart 1), auch wenn an der psychologischen 50er-Marke ein paar Gewinnmitnahmen nicht überraschen sollten.

Eine langfristige Vereinbarung über Förderquoten fordern natürlich in erster Linie solche OPEC Staaten, die unter dem niedrigen Ölpreis wirtschaftlich leiden. Aber das sind nicht wirklich neue Informationen. Insbesondere Venezuela hatte schon immer ein Interesse an einer langfristigen Einigung und trotzdem sind die Verhandlungen regelmäßig gescheitert. Scheitern sie erneut, dürften die Ölpreise wohl auch wieder stark unter Druck geraten.

Denn die OPEC ist nach wie vor ein „zahnloser Tiger“. Ein Kartell mit mehr als fünf Mitgliedern ist inhärent instabil. Unter der Prämisse der Gewinnmaximierung lohnt in einem Oligopolmarkt für den Einzelnen der Ausbruch (was übrigens spieltheoretisch und mathematisch auch bewiesen werden kann. Wer Interesse hat, sich mit diesem  Thema näher zu befassen, findet in dem Buch „Grundzüge der mikroökonomischen Theorie“ von Schumann, Meyer, Ströbele die Antworten (bitte hier klicken)).  

An dieser Stelle wollen wir aber den charttechnischen Sprung zu unseren Energie-Commodities vornehmen, denn für den Technischen Analysten spielt es faktisch keine Rolle, ob die Märkte nun rational sind oder nicht. Hier ist der gehandelte Preis die einzige Informationsquelle, die erforderlich ist, um Handelsentscheidungen zu treffen. Denn wie John Maynard Keynes bereits sagte: "Die Märkte können länger irrational bleiben als man selber liquide." Also sparen wir uns das fundamentale recherchieren und schauen auf die Märkte selbst und was sie uns erzählen.

Denn interessanterweise haben Strom, Gas und Kohle die Preissteigerungen bei Brent zuletzt nicht mehr nachvollzogen. Im Gasmarkt dürfte die Abkopplung von Öl der Meldung geschuldet sein, dass die Gaslagerbestände in Deutschland in Wirklichkeit um 20% höher ausfallen, als es durch den Betreiber GSE noch vor kurzem kommuniziert wurde (der tatsächliche Füllstand liegt bei 80% und nicht 60%). Dies ist aber schon seit Ende letzter Woche bekannt und sollte mittlerweile eingepreist sein. Nicht zuletzt wertete das Britische Pfund gegenüber dem Euro weiter ab, was auch seinen Beitrag zum nachlassenden Kaufdruck am TTF geleistet haben dürfte.

Dem bullishen Treiben beim Ölmarkt zum Trotz, haben also Strom, Gas, Kohle und CO2 bisher keine neuen Kaufsignale geliefert. Auf den folgenden Seiten analysieren wir für Sie unter charttechnischen Gesichtspunkten das Kohle Frontjahr API#2 mit der Thomson Reuters Eikon RIC TRAPI2Yc1 und das Strom Frontjahr Base mit der Thomson Reuters Eikon RIC F1BYc1.

Das API#2 Kohle Frontjahr hat den steilen Aufwärtstrend seit Mai 2016 am 04.08. und 05.08. nachhaltig nach unten hin durchbrochen. In unserer letzten Analyse vermuteten wir, dass wir aufgrund dieses Trendbruchs zunächst nicht von einem weiteren Anstieg des Kohlepreises ausgehen, sondern nun eine Konsolidierung bevorstehen sollte. Wir schrieben am 08. August:

Stabilisierungsversuche der Bullen sollten idealerweise am mittleren Bollinger Band im Keim erstickt werden, damit die Bären kurz- und mittelfristig die Oberhand behalten können. Auch wenn sich nun nicht unmittelbar ein neuer Abwärtstrend herausbilden sollte, so scheint dennoch die Ausprägung einer oberen Umkehrformation möglich. 

Nach wie vor halten wir an dieser Aussage fest. Der Kontrakt hangelt sich weiterhin am mittleren Bollinger Band entlang und offenbart trotz bullisher Ölpreise charttechnische Schwächesignale. Dies gilt, solange die Marke von 60 USD/t auf Tagesschlusskursbasis nicht überwunden wird. Ein kleines Kaufsignal wird generiert, wenn es am Tagesende über diese Marke hinausgeht. Damit würde das Hoch bei 62 USD/t als kurzfristiges Kursziel aktiviert. Ein Überschreiten der Marke von 62 USD/t würde den seit Februar 2016 entstandenen Aufwärtstrend weiter fortbestehen lassen und die aktuelle Konsolidierung hätte trendbestätigenden Charakter.

Aber solange dies nicht geschieht, schreitet die Konsolidierung voran, welche auch weiterhin in einer oberen Umkehrformation münden kann. Aber soweit ist es noch nicht. Hierfür sind weitere Preissignale erforderlich. Die Wahrscheinlichkeit einer oberen Umkehrformation würde sich indes erhöhen, wenn die 50-Tage-Glättung nachhaltig unterschritten wird, die aktuell bei ca. 57 USD/t notiert. Wird im Anschluss das Zwischentief vom 05.08. bei 55,50 USD/t aus dem Spiel genommen, würde ein stärkeres Verkaufssignal generiert. Die Chancen für eine obere Umkehr nehmen ab diesem Punkt deutlich zu, was allerdings, wie bereits erwähnt, noch abgewartet werden muss.

Beim Strom Frontjahr Base steht zum Ende der Woche der seit Februar dieses Jahres gültige Aufwärtstrend mit Beginn 20,65 €/MWh erneut zur Disposition (siehe rot gestrichelte steigende Trendgerade in Chart 3). Dieser Trend stand auch schon in unserer letzten Analyse vom 08. August auf dem Prüfstand. Die Bullen konnten jedoch vor 10 Tagen das Ruder nochmal herumreißen und eine Gegenbewegung bis auf 27,30 €/MWh bzw. bis zum mittleren Bollinger Band im Tageschart einleiten (die Bollinger Bänder wurden aus Gründen der Übersichtlichkeit im Tageschart ausgeblendet).

Gelingt die Herausnahme des Aufwärtstrends würde dies vom Markt zunächst bearish interpretiert, denn diese Trendlinie dürfte allgemein bekannt sein. Nichtsdestotrotz wäre dies zunächst nur ein Warnsignal für die Bullen. Um ein mittelfristiges Verkaufssignal zu generieren, müsste das Zwischentief von Ende Juni bei 25,65 €/MWh und im Idealfall  der ehemalige Widerstand bei 25,45 €/MWh aus Mai dieses Jahres (siehe Pfeilmarkierungen) aus dem Spiel genommen werden. Unterhalb dieser Marke dürfte mit deutlicheren Kursverlusten in Richtung 23,80 €/MWh gerechnet werden können. Bis dahin ist es also noch ein weiter Weg.

Für die kurzfristig engagierten Marktteilnehmer wird in Stundenchart 4 zudem deutlich, dass die eben bereits erwähnte Marke von 27,30 €/MWh mit dem 61,8% Fibonacci Retracement der Abwärtsbewegung 28,05-26,08 zusammenfällt. D.h. dieser kurzfristige Abwärtsimpuls ist weiterhin dominant.

Bleibt nun in der heutigen Markteröffnung die 26,40 €/MWh unterschritten, würde das kurzfristige Verkaufssignal aktiviert bleiben, welches sich bis zum Ende des Abwärtsimpulses bei 26,08 €/MWh erstrecken könnte. Kurz vor Erreichen dieser Unterstützung ist allerdings mit verstärktem Kaufdruck zu rechnen.

Drehen die Stromnotierungen in der heutigen Eröffnung wieder nach oben weg, so wäre der Markt kurzfristig im Stundenchart zwischen den Grenzen 27,40 €/MWh auf der Ober- und 26,40 €/MWh auf der Unterseite weiterhin mit neutral einzustufen. Oberhalb von 27,40 €/MWh wäre das Downgap vom 01.08. geschlossen und ein Kaufsignal in Richtung 27,70 €/MWh und im Anschluss 28 €/MWh würde aktiviert.

Fazit

Beim Strom Frontjahr Base steht der seit Februar dieses Jahres gültige Aufwärtstrend auf dem Prüfstand. Die Bären haben trotz steigender Ölpreise aktuell das Ruder in der Hand. Die derzeitige Seitwärtsbewegung innerhalb der im Tageschart skizzierten blauen Rechteckbegrenzungen ist für neue mittelfristige Handelssignale jedoch weitaus bedeutender, als die skizierten rot gestrichelten Trendgeraden.

Für mittelfristige Handelssignale sollte ein Durchbruch aus der Seitwärtsrange bei 28,80 €/MWh auf der Ober- und 25,65-45 €/MWh auf der Unterseite abgewartet werden. Denn unterhalb von 25,45 €/MWh würde die aktuell laufende Seitwärtsbewegung in einer bestätigten Topformation resultieren.

Oberhalb von 28,8 €/MWh wäre auf der gegenüberliegenden Seite die derzeitige Trading Range als Konsolidierungsphase in einem sich dann fortsetzenden Aufwärtstrend zu interpretieren. Ähnlich wie bei Kohle befindet sich der Markt also aktuell in einer gewissen „Lauerstellung“, die auch noch eine ganze Weile so fortbestehen kann.  

Die Charts werden mit Tradesignal erstellt.
Daten aus Thomson Reuters Eikon.
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Autor: Stefan Küster

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